Vorabpauschale
Im Zuge der Investmentsteuerreform 2018 wurde die Besteuerung von Investmentfonds sowie ETFs (Exchange Traded Funds) auf Fonds- bzw. Anlegerebene neu geregelt. Die aufwendige Thesaurierungsbesteuerung wird durch die Vorabpauschale abgelöst.
Wissenswertes auf einen Blick
Seit 2018 wird für inländische und ausländische Investmentfonds, die keine oder nur eine geringe Ausschüttung im Kalenderjahr vorgenommen haben, eine sog. Vorabpauschale als Besteuerungsgrundlage angesetzt.
Die Vorabpauschale ist eine pauschalisierte Mindestrendite, die sich am Basiszins der risikolosen Marktverzinsung der Bundesbank orientiert und jährlich am 2. Kalendertag des Folgejahres für das abgelaufene Kalenderjahr ermittelt wird.
Die Vorabpauschale wird nur erhoben, sofern eine positive Wertentwicklung des Investmentfonds vorliegt. Die Vorabpauschale ist auf den Wertzuwachs des Fonds im Kalenderjahr begrenzt.
Eine ausführliche Erklärung zur Vorabpauschale bietet das Video des BVI.
Die Deutsche Bundesbank hat für das Jahr 2024 einen Basiszinsatz von 2,29 % veröffentlicht. Daher wird für 2024 wieder eine Vorabpauschale erhoben.
Die bisher bekannte Abgeltungsteuer von 25 % bleibt in der bisherigen Form weiterhin bestehen. Verluste können nach wie vor mit Gewinnen verrechnet werden und bestehende Sparer-Pauschbeträge und NV-Bescheinigungen bleiben unverändert gültig.
Schritt 1:
Als Erstes wird ermittelt, ob eine Wertsteigerung des Fonds im betreffenden Kalenderjahr vorliegt. Hierzu wird der Fondspreis am Ende des Kalenderjahres mit dem Fondspreis zu Beginn des Kalenderjahres verglichen.
Gibt es keine Wertsteigerung, gibt es keine Vorabpauschale für diesen Fonds und damit auch keine Steuerbelastung.
Schritt 2:
Im zweiten Schritt erfolgt ein Vergleich des vom Gesetzgeber definierten Basisertrags mit der Summe der im letzten Jahr erfolgten Ausschüttungen des Fonds.
Basisertrag = Rücknahmepreis zum Jahresanfang x Basiszinssatz1 x 70 %
Nur wenn der Basisertrag höher ist als die Summe der erfolgten Ausschüttungen des Fonds, kann es zu einer Vorabpauschale kommen. Der Basisertrag ist begrenzt auf die tatsächliche Wertsteigerung des Fonds.
Schritt 3:
Die Vorabpauschale wird ermittelt wie folgt:
Bei ausschüttenden Fonds wird die Ausschüttung des Kalenderjahres vom Basisertrag abgezogen:
Vorabpauschale = Basisertrag - Ausschüttung des letzten Kalenderjahres
Bei nicht ausschüttenden Fonds (thesaurierende Fonds) ist die Vorabpauschale identisch mit dem Basisertrag:
Vorabpauschale = Basisertrag - Ausschüttung des letzten Kalenderjahres (=0)
Wichtig: Wenn bei einem ausschüttenden Fonds die Ausschüttung nicht hoch genug ist, wird zusätzlich die Vorabpauschale angesetzt. Die steuerlich relevanten Erträge fließen dann zu zwei unterschiedlichen Stichtagen zu. Die Ausschüttung fließt in dem Kalenderjahr zu, in dem sie gezahlt wird und die Vorabpauschale fließt am ersten Werktag des folgenden Kalenderjahres zu.
1 Der Basiszins wird zu Beginn des Jahres im Bundessteuerblatt veröffentlicht. Dieser wird von der Bundesbank berechnet. Um auch Kosten für den Anleger zu berücksichtigen, wird dieser Basiszins stets um 30% reduziert.
Fonds hat hohe Wertsteigerung
Wert der Fondsanteile zum 01.01. des Steuerjahres: 20.000 EUR
Wert der Fondsanteile zum 31.12. des Steuerjahres: 20.800 EUR
Wertsteigerung: 800 EUR
Basisertrag:20.000 EUR * 2,29 % * 0,7 = 320,600 EUR
Weil der Basisertrag (320,60 EUR) kleiner ist als die Wertsteigerung der Fondsanteile in einem Jahr (800 EUR), dient der Basisertrag gleich als zu versteuernde Vorabpauschale (320,60 EUR). Sollte die Wertsteigerung dagegen geringer ausfallen als der Basisertrag, gilt sie als Vorabpauschale.
Fonds hat geringe Wertsteigerung:
Wert der Fondsanteile zum 01.01. des Steuerjahres: 20.000 EUR
Wert der Fondsanteile zum 31.12. des Steuerjahres: 20.100 EUR
Wertsteigerung:100 EUR
Basisertrag: 20.000 EUR * 2,29 % * 0,7 = 320,60 EUR
Da der Basisertrag (320,60 EUR) größer ist als die Wertsteigerung der Fondsanteile in einem Jahr (10 EUR), dient die Wertsteigerung als zu versteuernde Vorabpauschale (100 EUR).
Vorabpauschale bei ausschüttenden Fonds
Um die Vorabpauschale zu errechnen, wird vom Basisertrag die Ausschüttung des Vorjahres abgezogen.
Wert der Fondsanteile zum 01.01. des Steuerjahres: 20.000 EUR
Wert der Fondsanteile zum 31.12. des Steuerjahres: 20.800 EUR
Wertsteigerung: 800 EUR
Ausschüttung im Steuerjahr: 60 EUR
Basisertrag: 20.000 EUR * 2,29 % * 0,7 = 320,60 EUR
Weil der Basisertrag (320,60 EUR) kleiner ist als die Wertsteigerung der Fondsanteile in einem Jahr (800 EUR), dient der Basisertrag gleich als zu versteuernde Vorabpauschale (320,60 EUR). Auf die Vorabpauschale werden nun die 60 EUR Ausschüttung angerechnet. Versteuert werden daher wie bislang die Ausschüttung (60 EUR) und die verbleibende Differenz zur Vorabpauschale (320,60 EUR - 60 EUR = 260,60 EUR).
Für Anleger, die einen Fondsanteil erst im Lauf des Jahres kaufen oder regelmäßig in einem Sparplan ansparen, berechnet sich auch die Vorabpauschale anteilig:
Für jeden vollen Monat, der dem Kaufdatum des Fondsanteils vorangeht, verringert sich die Pauschale um ein Zwölftel.
Die Abrechnung der Kapitalertragsteuer auf die Vorabpauschale erfolgt immer auf den Bestand von Kunden zum Jahresanfang an dem betroffenen Fonds. Kurzfristig nach Bereitstellung der Vorabpauschalen-Daten eines Fonds, wird die Fondsdepot Bank die Besteuerung des betroffenen Depotbestandes der Kunden durchführen. Sofern eine Kunde mehrere verschiedene Fonds in dem Depotbestand hält, kann die Berechnung der Kapitalertragsteuer auf die Vorabpauschale zu den Fonds zu unterschiedlichen Zeitpunkten stattfinden.
Die berechnete Kapitalertragsteuer auf die Vorabpauschale ist ein separater Geschäftsvorfall, daher kann keine Verrechnung mit anderen Transaktionen durchgeführt werden. Die Steuerforderung wird somit durch die depotführende Stelle einzuziehen sein. Der Steuereinzug der KESt auf die Vorabpauschale erfolgt in der Fondsdepot Bank, wie im Folgenden beschrieben, nach festgelegten Verfahren in definierter Reihenfolge. Nach erfolgreichem Einzug der Steuer wird die Fondsdepot Bank die eingezogene Steuer an das zuständige Betriebsstätten-Finanzamt abführen.
1. Anteilsverkauf
Nach Erhalt der Berechnungsgrundlagen der Vorabpauschale für einen Fonds wird die Fondsdepot Bank den Anteilsbestand je Fonds der Kunden ermitteln und für jeden einzelnen Kunden auf Basis des Bestandes und der steuerlichen Situation die Kapitalertragsteuer, den Solidaritätszuschlag und eventuell die Kirchensteuer berechnen.
Zur Deckung der Steuerforderung wird die Fondsdepot Bank im erforderlichen Umfang Anteile aus dem Depotbestand des zugehörigen Fonds verkaufen. Ein Verkauf ist selbstverständlich nur möglich, sofern keine verkaufsverhindernden Umstände für den Fonds, das Depot oder den Bestand existieren.
Die Fondsdepot Bank berechnet die Anzahl der zu verkaufenden Anteile zur Begleichung der Steuerschuld automatisch, unter Berücksichtigung der anfallenden Steuer aus der stattfindenden Verkaufstransaktion. Ein gesonderter Auftrag auf Kundenseite für diese Transaktion ist nicht notwendig. Der Verkauf wird für Kunden mit einer Verkauf-Depotabrechnung dokumentiert.
2. Lastschrifteinzug
Die Begleichung der Steuerforderung aus der Vorabpauschale mittels Lastschrift erfolgt im Regelfall, wenn kein Anteilsverkauf möglich ist und der Fondsdepot Bank ein Referenzbankkonto mit gültigem SEPA Mandat vorliegt. Der Lastschrifteinzug wird den Kunden mit der Depotabrechnung zur Vorabpauschale angezeigt.
3. Steueranforderung
Die Steueranforderung erfolgt, sofern kein Anteilsverkauf und kein Lastschrifteinzug möglich waren. Eine Steueranforderung ist ein dediziertes Anschreiben an Kunden, die berechnete Steuerforderung aus der Vorabpauschale für einen Fonds innerhalb von 14 Tagen zu begleichen. Der Beleg zur Steueranforderung weist nochmals die Steuerforderung aus und benennt das Konto, auf das er oder sie die Steuerschuld einzuzahlen hat. Wichtig dabei ist, den im Schreiben genannten Verwendungszweck in die Überweisung zu übernehmen, um eine eindeutige Zuordnung des eingezahlten Betrages zu gewährleisten.
4. Finanzamtsmeldung
Sollten die im Vorfeld genannten Maßnahmen zum Steuereinzug nicht erfolgreich sein, so ist die Fondsdepot Bank verpflichtet, Kunden mit ausstehenden Steuerforderungen an das Finanzamt zu melden. Die Finanzbehörden werden daraufhin ihrerseits versuchen, die Steuerforderung einzuziehen.
Die steuerlichen Hinweise zur Vorabpauschale finden Sie in den Umsätzen zum Depot in Ihrem Online-Banking. Sortieren Sie nach „Fondsertrag/ Vorabpauschale“ und passen Sie gegebenenfalls den anzuzeigenden Zeitraum entsprechend an. In dem jeweiligen Umsatz zu einem Fonds haben Sie dann die Möglichkeit, sich das Dokument „Steuerliche Hinweise zur Vorabpauschale“ als PDF-Datei zu öffnen und herunterzuladen.
Entsprechend der gesetzlichen Vorgaben werden die für Privatanleger geltenden Teilfreistellungssätze bei der Ermittlung der abzuführenden Kapitalertragssteuer angewendet. Je nach Anleger und Fonds kommen unterschiedliche Teilfreistellungssätze zur Anwendung.
Für Privatkunden gelten die folgenden Teilfreistellungssätze:
- Aktienfonds (mehr als 50 % Aktienanteil) = 30 %
- Mischfonds (mind. 25 % Aktienanteil) = 15 %
- Immobilienfonds (mehr als 50 % Immobilien) = 60 %
- Immobilienfonds (mehr als 50 % ausländische Immobilien) = 80 %
- Sonstige z.B. Rentenfonds = 0%
Die für betriebliche Anleger abweichenden Teilfreistellungssätze können ausschließlich im Rahmen der Veranlagung geltend gemacht werden.
Bis zum 31.12.2017 erwirtschafte Wertzuwächse von Alt-Anteilen (Anschaffung vor 2009) sind auch ab 2018 weiterhin steuerfrei.
Seit dem 01.01.2018 sind Wertsteigerungen dieser Alt-Anteile bei einer Veräußerung steuerpflichtig.
Für diese steuerpflichtigen Veräußerungsgewinne besteht ein Freibetrag von 100.000 Euro pro Anleger.
Das heißt: Der Anleger kann im Rahmen der Veranlagung die Veräußerungsgewinne mit dem Freibetrag verrechnen. Erst wenn der Freibetrag aufgebraucht ist, wird eine Steuer belastet.